Geburtsbericht aus meiner Sicht

Verpasster Geburtstermin, Fifty Shades of Grey und die Fruchtblase

Es war an einem Mittwoch, wir waren am errechneten Geburtstermin den 15.03 angekommen. Wir fuhren zur Kontrolle ins Krankenhaus und hofften endlich, dass sich was im Bauch tut, aber Ida wollte wohl noch nicht. Der Arzt sagte, dass der Muttermund nur Finger durchlässig geöffnet war und die Versorgung der Kleinen noch wunderbar sei.

Es gab also keinen Grund, die Geburt einzuleiten. Wir fuhren also geknickt nachhause, waren aber froh, dass sonst alles in Ordnung sei. Myleen hat es sich dann zu Hause gemütlich gemacht und ich musste dann los zur Nachtschicht.

An dem Tag war ich kaum mit den Gedanken bei der Arbeit, sondern nur bei Ida und Myleen. Ich nahm mir dann den nächsten Tag frei. Ich hätte auch Nachtschicht gehabt.

Am Donnerstag dann haben wir uns einen ruhigen Tag gemacht. Waren einkaufen, den ganzen Tag unterwegs ganz gechillt, in der Hoffnung das die Geburt losgeht. Myleen backte uns noch einen Erdbeerkuchen und wir schauten dann noch Fifty Shades of Grey. Nach dem Film hatten wir auch Zweisamkeit genossen und gingen zu Bett.

Myleen hatte danach ab und zu schmerzen, ich fragte sie geht es los? Aber dann war es wieder weg. Ich war gerade am Einschlafen, da weckte sie mich wieder, das ging ein paar mal so, ich wurde dann etwas Pampig, da ich immer kurz vor dem Einschlafen war und sie mich dann wieder weckte und sagte sie habe Schmerzen. Ich sagte dann wir fahren jetzt ins Krankenhaus, aber Myleen wollte noch nicht und hat mit Ihrem Wehenzähler den Abstand gezählt. Sie waren regelmäßig im 3-Minuten-Takt. Ihr ging es immer schlechter und ich sagte zu ihr, dass ich mit den Hunden jetzt Gassi gehen soll und wir sofort ins Krankenhaus fahren. Gesagt, getan.

Als ich wieder hochkam stand sie am Kleiderschrank und ihr lief sehr viel Wasser die Beine herunter. Ich wurde total panisch und fragte sie, ob das das Fruchtwasser war. Sie glaubte schon. Ich wurde noch panischer und sagte, dass sie sich beeilen soll, wir müssen los.

Die Wehen wurden immer stärker, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte und alles noch länger gedauert hatte. Nachdem ich ihr beim Anziehen geholfen habe, sind wir am Auto mit etlichen Wehen pausen angekommen. Während der Fahrt musste Myleen sich mehrmals übergeben und war nur am Schreien und weinen. Ich hatte Panik, dass sie Ida gleich im Auto gebären würde, also fuhr ich so schnell wie das Auto konnte. Wir mussten nämlich ca. 30 Minuten bis zu unserem Wunschkrankenhaus fahren.

Ein turbulentes Geburtserlebnis: Höhen und Tiefen im Kreißsaal

Dort angekommen gingen wir zum Eingang und Myleen schickte mich drin dann vor. Ich rannte die Treppen hoch und klingelte an der Tür und hab unseren Fall geschildert. Die Tür ging auf und vor uns standen drei Hebammen. Zwei Schülerinnen und eine Praktikantin. Die Mädchen haben Myleen getröstet und zusammen gingen wir in den Kreißsaal, den wir uns vorher ausgesucht hatten.

Dort habe ich einen Kaffee nach dem anderen getrunken. Myleen hatte sehr starke Schmerzen und schrie ununterbrochen. Alles, was im Geburtsvorbereitungskurs gelernt wurde, war vergessen. Irgendwann kam eine erfahrene Hebamme und untersuchte Myleen.

Der Muttermund sei erst 3,5 cm geöffnet gewesen. Wir konnten es nicht glauben … als Myleen ein Zugang gelegt worden ist und ihr Paracetamol gespritzt wurde, bekam sie etwas zu trinken, was die Öffnung des Muttermundes fördern sollte. Ihr hat es aber nicht geschmeckt und trank es von daher nicht. Leider wurden die Schmerzen aber immer stärker und das Paracetamol wollte nicht wirken.

Ich trank weiter einen Kaffee nach dem anderen und versuchte sie zu beruhigen. Wehen veratmen hat auch nicht geklappt, sie wurden nur stärker. Eigentlich waren wir ganz klar gegen eine PDA, aber nach 5 Stunden schmerzen und nach Myleens Zustimmung, bat ich die Hebamme darum.

Es kam ein Arzt mit 2 Praktikantinnen kurz vor Feierabend. Er war sehr unfreundlich und hochnäsig. Er klärte nichts auf und auf Fragen wurde er pampig und antwortete, dass er schon wisse, was er macht und ich ihn nicht stören soll.

Ich war sauer und hatte ein ungutes Gefühl, aber Myleen ging es total schlecht und sie hatte keine Kraft mehr. Also schluckte ich die Wut mit Kaffee herunter und blieb ruhig. Dann war es so weit und die Nadel wurde angesetzt. Bei einer PDA muss man still sitzen bleiben und darf sich auf keinen Fall bewegen. Leider hat Myleen in dem Moment, als der Arzt einstach, eine Wehe bekommen und zuckte zusammen. Er schrie „Sie dürfen sich nicht bewegen! Wollen Sie gelähmt sein?“ und fluchte.

Plötzlich wurden Myleens Beine taub und der Arzt sagte, als er sich beruhigte, dass es nicht geklappt hat. Er fügte noch hinzu, dass auf keinen Fall, dass PDA Medikament gespritzt werden darf, da Myleen sonst ersticken würde. Ich ging auf Toilette und wusch mein Gesicht und dachte nur das war es, Myleen bleibt für immer gelähmt und sitzt im Rollstuhl. In dem Moment rief mich Myleens Mutter an und fragte, ob alles ok sei. Ich erzählte ihr den jetzigen Stand und sie machte sich nun auch Sorgen, wie es weitergeht.

Bei Myleen wieder angekommen, sah ich, wie der Arzt Myleen ein anderes Mittel gespritzt hatte. Sie fragte ihn, was es ist und er antwortete frech: „Sie haben doch keine Ahnung davon, fragen sie nicht so viel!“ Wir waren fassungslos und wütend, aber wir mussten uns beruhigen und an Ida denken. Plötzlich juckte es Myleen am ganzen Körper und sie musste sich wie eine Wilde kratzen.

Als die nächste Hebamme kam, erklärte sie und was das für ein Mittel war und es diesen Juckreiz auslöste. Myleen hatte leider immer noch sehr starke Schmerzen, aber der Muttermund war mittlerweile weiter geöffnet und die Hebamme meinte, wir können eine neue PDA versuchen. Ich hielt Myleen für wahnsinnig, weil sie zustimmte und ich immer noch nicht wusste, was jetzt mit der falschen Nadel passiert und welche Auswirkungen noch kommen.

Mittlerweile sind wir 9 Stunden im Kreißsaal und 2 neue Ärzte kamen, die die PDA neu ansetzen sollten. Sie waren total nett, warteten die Wehen ab und es verlief alles astrein. Es tat ihr überhaupt nicht weh und das PDA mittel konnte gespritzt werden. Myleen meinte, ich soll ein paar Minuten an die Luft gehen und etwas essen gehen. Die Hebamme sagte, dass ich 20 Minuten Zeit habe. Ich rannte zu Rewe, holte mir einen Döner und aß ihn unterwegs zum Krankenhaus auf.

Als ich wieder da war, sagte die Hebamme, wenn sich nun nicht langsam was tut, müsste Plan B her. Kaiserschnitt. Das wollten wir eigentlich nicht, aber wenn es nicht anders gehen würde, müssten wir es so machen. Die Hebamme war erfahren in Akupunktur und setzte Myleen ein paar Nadeln, als letzte Möglichkeit für eine natürliche Geburt.

Keine 10 Minuten später ging es plötzlich los. Myleen schrie ich muss auf Toilette, ich muss groß und die Hebamme meinte genau das wollen wir hören! Es geht los! Sie rief eine Ärztin, die uns begleitet. Myleen presste, schrie und brach mir fast die Finger, aber es tat sich nichts. Sie presste und presste und meinte ich kann nicht mehr! Es verging einige Minuten und man musste die Sauerstoffsättigung bei Ida überprüfen, weil sie mit dem Kopf schon halb im Geburtskanal hing, nahm die Ärztin einen Blutstropfen aus der Kopfhaut ab.

Die Sättigung war noch in Ordnung, aber Ida wollte immer noch nicht raus. Als die Ärztin dann zur Hebamme herüberschaute und mit ihren Händen eine schneidende Schere gestikulierte, schrie Myleen: „Nein, nicht schneiden!“ Sie wurde wütend und konnte somit nochmal ihre letzten Kräfte sammeln und presste und presste. Ich stand hinter ihr und zog ihre Kniekehlen feste an sie ran und da kam plötzlich die kleine Ida.

Ich war so unfassbar stolz und fertig mit den Nerven. Die Hebamme fragte mich, ob ich die Nabelschnur durchtrennen möchte. Selbstverständlich habe ich sie sofort durchgeschnitten und durfte Ida dann in ein Handtuch einwickeln und auf dem Arm nehmen. Ich habe die Käseschmiere etwas entfernt und dann wurde sie gemessen und gewogen. Dann habe ich Ida auf Myleens Brust gelegt und wir kuschelten alle gemeinsam. Die Geburt dauerte insgesamt über 14 Stunden und war sehr turbulent. Ich hätte nie gedacht, wie anstrengend es auch für Männer sein kann, die Frau bei der Geburt zu begleiten. Drei Jahre später und die 2. Geburt hinter mir, kann ich euch sagen, dass die 2. Geburt von unserem Sohn ganz anders verlief, der Geburtsbericht folgt.